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Trinkwasser ist unser wichtigstes Grundnahrungsmittel. Die Bereitstellung hygienisch einwandfreien Trinkwassers gehört zu den zentralen Aufgaben der Wasserversorger. Aber auch in der Industrie werden höchste hygienische Anforderungen an Wasser als Produktions- oder Prozessmedium gestellt. Die Wasseraufbereitung und Desinfektion mit geeigneten technischen Verfahren stellt daher eine bedeutende Maßnahme zur Vermeidung von Mikroorganismen und Keimen (Stichwort Legionellen) im Trinkwasser dar.

Zu den am häufigsten eingesetzten und effizientesten Desinfektionsverfahren zählt die Chlorung des Wassers durch den Einsatz von Chlordioxid oder der Zugabe von Natriumhypochlorit. Die oxidative Wirksamkeit dieser Substanzen stellt allerdings auch eine Reihe besonderer Herausforderungen an Rohre und deren Werkstoffe, die für den Transport des Wassers verwendet werden.

Rohre aus Polyethylen (PE) werden weltweit seit vielen Jahrzehnten in großem Maßstab in der Trinkwasserversorgung eingesetzt. Gegenüber anderen Werkstoffen vereint PE eine Reihe technischer und wirtschaftlicher Vorteile, die seit mehr als 60 Jahren zur erfolgreichen Errichtung ressourcenschonender und nachhaltiger Rohrsystemen auf der ganzen Welt führen. Die vielerorts notwendige Chlorung von Wasser verursacht allerdings auch eine beschleunigte Alterung des Werkstoffes, die - vor allem in Kombination mit höheren Desinfektionskonzentrationen – vereinzelt auch zu vorzeitigem Versagen von Rohrsystemen führte. Die Entwicklung chlorbeständiger polymerer Rohrwerkstoffe mit optimaler Stabilisierung gegen die verantwortlichen oxidativen Alterungsprozesse ist daher von großer Bedeutung.

Zur Durchführung systematischer Untersuchungen der Chlorbeständigkeit von Kunststoffen wurde an der Polymer Competence Center Leoben (PCCL) GmbH in den letzten beiden Jahren eine neue Anlage entwickelt, die eine Auslagerung von Kunststoffproben in Wasser mit präzise definierten Chlordioxid- und Natriumhypochloritkonzentrationen ermöglicht. Während standardisierte Prüfverfahren sich vornehmlich auf langwierige Bauteilprüfungen an fertigen Rohren konzentrieren, ermöglicht die Auslagerungsanlage des PCCL eine grundlagenorientierte Untersuchung der Wechselwirkungen von Werkstoffen und den darin verwendeten antioxidativen Stabilisatorsystemen mit Chlordioxid bzw. Natriumhypochlorit.

Eine besondere Schwierigkeit speziell bei Auslagerungen in Chlordioxid besteht in der hohen Reaktivität des Desinfektionsmittels, die – vor allem bei erhöhten Temperaturen - zu einem raschen Abbau der Konzentration bereits innerhalb weniger Stunden und damit zu einer hohen Unsicherheit bei der Interpretation von Messergebnissen führt. Diese Herausforderung wurde bei der in Zusammenarbeit der Firmen Mechatronik Moharitsch (Knittelfeld, A) und ProMinent Dosiertechnik GmbH (Rosenau, A) hergestellten Anlage durch geeignete verfahrenstechnische Maßnahmen gelöst, sodass über den angestrebten Prüfzeitraum eine konstante und reproduzierbare Medienzusammensetzung sichergestellt wird. Die Anlage verfügt über einen Probenraum von 50 l, der die Auslagerung von Prüfkörpern in Wasser bis zu einer Temperatur von 60 °C wahlweise mit maximal 10 (±0,1) ppm Chlordioxid oder maximal 100 (±0,1) ppm Natriumhypochlorit ermöglicht. Eine kontinuierliche Umwälzung erlaubt einerseits eine laufende Kontrolle, Aufzeichnung und gegebenenfalls Nachregelung der Desinfektionsmittelkonzentration, der Auslagerungstemperatur, des pH-Wertes sowie des Oxidations-Reduktions-Potentials (ORP) und stellt andererseits eine Umspülung der Prüfkörper mit stets definiertem und konstantem Prüfmedium sicher.

Die Auslagerungsanlage eröffnet eine Reihe von Forschungsmöglichkeiten, die je nach Interessenslage sowohl Werkstoffoptimierung (z.B. Verbesserung der Chlorbeständigkeit, Optimierung von Stabilisatorsystemen), Werkstoffauswahl (z.B. Ranking unterschiedlicher Kunststoffe) aber auch Bauteilprüfung (z.B. Analyse der Alterungsbeständigkeit, Lebensdaueranalysen) umfassen und sich konkret an Rohstoff- und Rohrhersteller, aber auch an Hersteller weiterer in Trinkwassersystemen verwendeten Komponenten sowie Wasserversorger richten. Seit Anfang 2015 wird die Auslagerungsanlage in mehreren Forschungsprojekten unter anderem mit Dow Europe GmbH (CH) eingesetzt und ermöglichte bereits erste Erkenntnisse, die zur Entwicklung optimierter PE-Rohrwerkstoffe für Warmwasseranwendungen beitragen.

Abbildung: Oberfläche einer PE-Probe im Ausgangszustand (links) und nach drei Wochen Auslagerung in Wasser bei einer Temperatur von 60 °C und einem Chlordioxidgehalt von 10 ppm (rechts). Die Aufnahmen wurden mit einem Rasterelektronenmikroskop am Lehrstuhl für Werkstoffkunde und Prüfung der Kunststoffe an der Montanuniversität Leoben erstellt.

Rückfragenhinweis:

DI Dr. Andreas Frank

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